Restauration 912 Coupe, Bj. '66




Blut, Schweiß und Tränen: oder "Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen"


Das waren Andreas' Originalworte zur Restauration seines Porsche 912 Coupe, Bj. '66. Das nenn' ich mal ein Statement: knackig, einfach und ehrlich auf den Punkt gebracht, so wie der Charakter eines 912er eben ist. Dem ist wohl nix mehr hinzuzufügen. Deshalb vertiefen wir uns lieber gleich in diese Greuelgeschichte ...


Im Jahr 2003 hatten meine langen Bemühungen endlich Erfolg, einen 912er zu einem halbwegs akzeptablen Preis zu finden.


Das besichtigte Exemplar sollte zunächst - verhandelbar - € 8.000,- kosten. Nicht gerade wenig, damals erwartete man sich einen 3+, so wurde er auch beschrieben.


Was in der kleinen Garage im Weinviertel am östlichsten Ende Österreichs auf mich wartete, war aber zunächst eine Enttäuschung. Ja, es war ein 912er, noch dazu einer mit kurzem Radstand und Papieren, die ihn als Baujahr 1968 auswiesen.


Der Motor lief aber nicht, die Kotflügel waren an den Endspitzen faustgroß durchgerostet, die Türen wiesen Bläschen auf, die nichts Gutes erhoffen ließen. Neben der Motorklappe hatte der Kitt einen Riß (ich sollte später erfahren, warum). Innen war der Wagen mäßig.



Auf den ersten Blick mit laufendem Motor (das war die Frage) eine echte 4. Der Verkäufer ließ aber mit sich reden und akzeptierte den Zustand und ich hätte den Wagen für € 5.000,- sofort mitnehmen können.



Aber nachdem ich nicht die Katze im Sack kaufen wollte, vereinbarte ich eine zweite Besichtigung auf einer Hebebühne beim ÖAMTC und da offenbarte sich der Wagen als Edelschrott. Unten durch, Schweller am Ende, Türen mit Sieb, Motor verliert Öl, Heiztaschen sind erledigt, ein Bremssattel steckt fest, die Verkabelung steckte in Spiralschläuchen vom Baumarkt etc. etc.


Auf der Habenseite konnte ich hingegen die geile Farbe, die Fuchsfelgen und das "Haben-Wollen" des lange gesuchten 912ers verbuchen. Den Ausschlag gaben aber die Preisverhandlungen, da der Verkäufer sah, wie schlecht die Substanz war und den Wagen nicht mehr sehen wollte, konnte ich ihn für € 1.750,- und dem Versprechen, ihn zu restaurieren, mit heim nehmen.


Mit einigem Einsatz an Schweißzeug und Kitt habe ich dann die Löcher einigermaßen zugemacht. Die Bremsen wurden saniert und der Motor notdürftig abgedichtet, weil ich unbedingt mal fahren wollte. Dabei hat mir ein Freund sehr geholfen und nach 2 Monaten bekam der Wagen das "Pickerl", also bestand den TÜV und wurde von mir angemeldet.


So gondelte ich 1,5 Jahre durch die Lande und dann beschloss ich, das Werk zu beginnen. Mietete eine Garage und begann im Jänner 2005 die Restauration. Genug Zeit bis zum Sommer, da wollte ich wieder fahren (sollte man meinen).



Mit jedem Teil, das ich abschraubte, mit jedem Zerlegungsschritt offenbarte sich immer mehr, was ich da in der Garage hatte.


Der Wagen stellte sich nun als Baujahr 1966 heraus, die Papiere gehörten nicht zum Wagen. Egal, ich konnte nachweisen, dass der Wagen in meinem Eigentum steht und damit ist es in Österreich relativ leicht, einen Oldtimer einzelgenehmigen zu lassen, also neue Papiere zu bekommen.


Eine echte Hürde waren die hitzefesten Telwolleplatten, die großflächig im Innenraum verklebt waren. Ich habe in den Stunden, Tagen und Wochen, in denen ich, während mich die Fasern am ganzen Körper juckten, mit Lötlampe, Heißluftpistole und Spachtel das Zeug aus dem Wagen kratzte, immer wieder vorgestellt, was ich dem, der das verbrochen hat, antun könnte.


Das Heck schließlich, wo der Kitt gebrochen war, war insgesamt 2cm dick aufgespachtelt und was darunter lag, ließ mich neue Seitenteile bestellen, ebenso wie Schweller, Schloßbleche, Türbleche usw. usf.


Dann erkannte ich, daß ich die Restauration niemals selber würde abschließen können. Ich war überfordert und gab schließlich im Juni 2007 das Problem einem engagierten Ungarn, den mir ein Freund vermittelte. Ohne Laci und seine kleine aber feine Werkstätte nahe der kroatischen Grenze wäre das Auto noch immer Edelschrott. Er schlug zwar zuerst die Hände zusammen (er hat mir später gebeichtet: "erste Mal ich sehen Auto, ich fast weinen"), spuckte dann aber in die selbigen und vollbrachte ein Wunder.



Als ich im August das erste Mal Teile nach Ungarn brachte und mich auch selber vom Fortgang der Arbeiten überzeugen konnte, war schon einiges zerlegt und mit einigen Äußerungen wurde ich zum Staunen gebracht.


Laci zeigte mir ein Sieb und meinte, das sei der rechte Lampentopf, leider nicht zu retten. Ich wollte schon schweren Herzens einen neuen Kotflügel kaufen, worauf er nur meinte, warum, "wir einfach bauen linke Lampe nach spiegelverkehrt".



Und so ging es weiter. Das Fahrzeug wurde völlig zerlegt, auf einen Hilfsrahmen geschraubt, sandgestrahlt und wieder neu aufgebaut.





Die Achsen wurden schwarz lackiert und mit jedem Monat der verging, nahm das ganze Fahrzeug wieder Gestalt an.



Schließlich kam die Mitteilung, daß das Fahrzeug lackiert wäre. Ich entschied mich gegen das Gelbgrün, das ohnehin nicht original gewesen wäre und wählte statt dessen ein originales Blutorange (Tangerine), welches ich in der Farbkarte von 1966 unter den Sonderfarben fand.


Also, auf nach Ungarn und ihr werdet meine Freude mitempfinden, als ich das erste Mal vor dem Wagen stand, der zwar noch zerlegt war, aber schon einiges erahnen ließ.



Der Kabelbaum wurde übrigens absolut perfekt von der Fa. Wocheslander aus Langquaid angefertigt. Wer mit einem von PG Elektronik aus Sättelstädt/Thüringen liebäugeln sollte, vergesst den Schrott. Ich hoffe, der Gerichtsvollzieher ist dort bald erfolgreich, damit ich mein Geld wieder zurückbekomme.

(elferclassix Anmerkung: Die Beschwerden über die Fa. PG Elektronik häufen sich. Diese Firma ist nun in Konkurs. Inzwischen hat Herr Patrick Gross die Fa. Kabel Gross gegründet.)


Bis zur Ablieferung des Fahrzeuges sollte noch einige Zeit vergehen, aber im Mai 2008 war es soweit und mein Schätzchen wurde bei mir daheim vom Transporter abgeladen, mit funkelnagelneuer Echtlederinnenausstattung, da die alten Sitzbezüge zu verschlissen waren, polierten Füchsen und einem verliebten Lächeln auf meinem Gesicht, da ich nicht mehr daran geglaubt habe…



Zwischenzeitig waren noch ein paar Kinderkrankheiten zu kurieren, vor allem den Vergasern galt es beizubringen, was Abgaswerte sind, die Türgummis paßten nicht recht, usw.


Im August wurde das Fahrzeug dann endlich der Niederösterreichischen Landesregierung vorgeführt und erhielt eine funkelnagelneue Einzelgenehmigung mit der ich noch am gleichen Tag meine erste Ausfahrt unternehmen konnte.





Und seither läuft mein Schätzchen problemlos und ihr könnt Euch vorstellen, wie viel Freude er mir bereitet.


Liebe Grüße,
Alfred

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