Motorüberholung, 3.2Li, Bj. '87


Stand: März 2009



911er Motor revidieren in 8 Tagen


So stand es in Daniel's Lastenheft, das er sich für die Motorüberholung seines 3.2Li Motors, Bj. '87 bereitgelegt hatte. Aber ihr vermutet richtig, Papier ist geduldig und alles nur graue Theorie. Und so beginnt eine leidenschaftliche Geschichte in der Tages- und Nachtstunden verschwimmen


... nur noch Ventile einstellen und dann kannst Du "ihn" abholen ... sagte der Mechaniker meines Vertrauens aus dem Münchner Norden im März diesen Jahres, der in den Wochen davor bereits umfangreichste Arbeiten an meinem 11er vorgenommen hatte. Dann ein weiterer Anruf, ob ich nicht einmal vorbeikommen wolle, jedoch nicht zur Abholung. Es gäbe da gewisse "Komplikationen" und ich sollte mir das vor Ort anschauen. Auf der Fahrt gingen mir verschiedene Schreckensszenarien durch den Kopf ... Kompression war gut - hatten wir geprüft, laufen tut er wie ein Uhrwerk was soll schon sein?


Ob ich wohl vorher einen Schnaps haben wollte wurde ich gefragt. Als ich verneinte zeigte er mir am offenen Ventildeckel unverkennbar 6 abgerissene Stehbolzen, die unmotiviert im Motor herum lagen. Von jedem unteren Zylinder einen. Nicht etwa die alten rostenden Stehbolzen. Nein, es sind die lackierten Dilavarbolzen, die in einem 3,2 Liter Bj. '87 nun mal verbaut wurden und angeblich niiiiieee kaputt gehen. Nachdem ich kurz den Umfang für eine Behebung des Problems mit dem Mechaniker besprochen habe und mir die Kosten hierfür umrissen wurden, brauchte ich dann tatsächlich einen Schnaps.


Ach so, daß ist er übrigens das Sorgenkind! 260.000 km.





Nach einigen schlaflosen Nächten und dem Einholen von Kostenvoranschlägen bei einschlägigen Porsche Spezialisten entschied ich mich, einen kleinen Traum zu erfüllen und eine Motorrevision nebst Kupplungserneuerung in Eigenregie an meinem 11er durch zu führen. Da weder meine Garage noch das vorhandene Werkzeug noch mein mechanisches Know How für dieses Vorhaben ausreichten (mit 18 habe ich mal einen Vepa Motor überarbeitet), kam mir das Angebot einer kleinen Werkstatt in meiner Wohnnähe recht gelegen, eine gecoachte Motorrevision zu machen. Beim Kochen z.B. gibt es schließlich auch Kurse und man kocht dann seine Suppe unter Anleitung alleine ...


Der "alte" Meister hat über 25 Jahre Porsche Erfahrung u.a. bei der Mahag hier in München zu bieten, das passende Spezialwerkzeug und einen Arbeitsplatz mit Bühne. Ich müsse lediglich 8-10 Arbeitstage Zeit haben und bei den Kosten käme es sehr darauf an, was außer den Stehbolzen und der Kupplung an dem Motor noch zu machen sei, sagte er. Mitte Juli konnte ich mir es dann endlich einrichten und eine leidenschaftliche Geschichte begann ...


Mit vollem Kopf aus theoretisch angeeignetem Wissen aus zig Büchern, einem vorab erworbenen Kupplungskit und Dichtsatz für den Motor im Gepäck kam ich morgens mit dem 11er an der Werkstatt an. So ganz richtig konnte ich mir das "Projekt" da aber noch nicht vorstellen.


Tag 1:


Beim Ausbau wusste ich verschiedene Arbeitsschritte aus Büchern oder es erschloss sich logisch wie es geht. Bei anderer Fragestellung sprang "mein" Meister ein und instruierte mich genau. Wie immer steckt aber der Teufel im Detail, d.h. völlig festgebackene und angerostete Schrauben der Abgasanlage und Ölversorgung, die entweder sofort abrissen und ausgebohrt oder abgeflext werden mussten. Ausgenudelte Schrauben, die nur noch mit Spezialwerkzeug zu öffnen waren etc., brachten mich von der Idealvorgabe ab den Motor in (wie es so oft gern in Szenekreisen kolportiert wird) 2 Stunden aus zu bauen. Es wurden im Übrigen 12 Stunden. Noch Abgasanlage ab und Antriebswellen ausgebaut und dann war er draußen.



Tag 2 -4:


Im Zuge der nächsten Tage baute ich die Verblechung, Motorhalterung, das Getriebe ...



... und die Lichtmaschine nebst Ansaugverteiler/Luftmassenmesser etc. ...



... ab. Und bitte lieber Leser, denkt nicht es waren 8 Stunden Tage mit ausgedehnter Mittagspause! 12 -14 Stunden waren die Regel, ohne große Pause! Kettenkästen mit Steuerketten, Kettenspanne mussten ab.





Kettengehäuse und die Nockenwellengehäuse und ersten Köpfe gingen gut runter.



Sowohl den Köpfen als auch den Zylindern ist die Laufleistung von 260.000 km nicht an zu sehen. Auf dem Bild ist jedoch gut der abgerissene Bolzen zu erkennen und wo sich das Luft-Gas-Gemisch zeitweise seinen Weg gesucht hat kann man an dem Harz gut erkennen ...



Kolbenringe (und viele weitere Motorteile) wurden bei 100.000 km von Roithmayer ersetzt und sehen nach Prüfung makellos aus. Genauso sind die Kurbelwellen- und Pleuellager nicht zu Beanstanden und die Verbindungsnaht war trocken, weshalb wir beschlossen haben den letzten Schritt einer Komplettzerlegung nicht zu machen. Ich beschloss daraufhin allerdings alle 24 Stehbolzen durch neue Dillavarstehbolzen des 993er zu ersetzen, damit ich mit dem Thema abgerissene Bolzen bei dem Motor, nie wieder etwas zu tun haben werde!



Tag 5 und 6:


Es fing die härteste Zeit an. Das Putzen von Motorblock, Kolben, Zylindern, Köpfen, Reinigen Lackieren Glasstrahlen des Gebläsegehäuses und Lüfterrades, das Lackieren von Teilen der Abgasanalage und der gesamten Motorverblechung, Messingbeschichten des Halterings der Lichtmaschine und vieler Schrauben. Kostete unendlich Zeit und Mühen. Das Besorgen von Teilen insbesondere einer passenden Kupplung machte einen so großen Aufwand, wie ich es nicht erwartet hätte. Mir hatte nämlich der "nette" Verkäufer bei Ebay, ich hatte wie erwähnt bereits eine Kupplung gekauft, nicht wie zugesichert eine G50 Kupplung geliefert, sondern eine für ein 915er Getriebe. Mit Erschrecken mußte ich nun feststellen, daß eine Kupplung für ein G50 Getriebe weder über Porsche noch für viel Geld auf die Schnelle zu besorgen waren. Fichtel und Sachs baut die Kupplung z.Z. nicht mehr und LUC produziert sie seit Längerem nicht mehr. Nach tagelanger Recherche konnte ich über 7 Ecken dann doch noch eine auftun. Bei dem Baujahr hätte ich die Probleme eigentlich nicht vermutet. Die Zeit zur Teilebeschaffung hätte ich dann doch eher fürs Schrauben am Motor benötigt, was sich später sicher noch rechen würde.



Im Übrigen kann sich aber das Ergebnis der Putzarbeiten sehen lassen…



Tag 7 und 8:


Nun das Ganze rückwärts, es sollte ja bald wieder ein laufender Motor daraus werden ... Das Ausbauen der alten Stehbolzen mit einem Spezialwerkzeug und das Eindrehen der Neuen war zum Glück sehr unproblematisch.


Beim Ausbau der Kupplung allerding kann man sich nicht vorstellen wie fest ein Bolzen für die Ausrückgabel festsitzen kann. Hier habe ich die gewonnene Zeit bei den Stehbolzen wieder komplett verloren, da man nur mit Flex, Schweißbrenner, Heßluftföhn und Spezialwerkzeug etc. zum Ziel kommen konnte. Ich konnte mir jetzt ausrechnen daß ich keine Chance mehr haben werde, nach 8 Arbeitstagen mit der Revision fertig zu werden.


Die Bolzen sind drin und ...



... die Zylinder kommen wieder drauf.



Die Köpfe dann übrigens auch ...



... und die Ventilkästen und Nockenwellen auch.



Die Kettenspanner nach Erneuerung der kompletten Gleitschienen dann auch ...



In dem Zuge habe ich auch alle Fühler, wie Temperaturfühler, Ölgeber etc. prophylaktisch ersetzt. Und die neue Kupplung ist nun auch schon eingebaut. Zeitlich befinden wir uns im Übrigen bei der 3. oder 4. Nachtsession, wo ich nach der Arbeit ab 18:30 Uhr an der Fertigstellung gearbeitet habe. Man durchläuft schon das ein oder andere tiefe Tal ...



Tatatata!!! Lichtmaschine mit Lüfterrad, Einspritzspinne und Anbauteile sind drauf. Sieht das nicht geil aus? Bitte entschuldigt die Wortwahl, aber es muß ja mal gesagt werden wie es ist!



Nun nur noch das Getriebe drauf, Anlasser rein..



Und des Nachts nach weiteren 4 Nachtsessions um 23:00 Uhr hängt er drin der Gute.



Sieht das nicht toll aus?



Und so natürlich auch!!!



Mit Leiden(schaft) hatte ich es dann in 8 Arbeitstagen und ca. 8 Nachtsessions nach der Arbeit tatsächlich geschafft! Nachts um 24:15 Uhr startete das nun nicht mehr Sorgenkind sofort! Tschuldingung nochmal die Wortwahl aber, wie geil das war. Jetzt erst mal einen Schnaps.


Alle meine Angabe entsprechen zu gefühlten 99% der Wahrheit und sind völlig subjektiv. Ob ich das Ganze noch einmal machen würde?


Nach dem ich mich zwei Wochen in der Toskana erholt habe und den entsprechenden Abstand gewonnen habe, kann ich auf die Frage ein definitives Jain antworten. Solange mir der Herr der Stehbolzen beisteht, muß ich ja nicht. Aber stolz wie Oskar bin ich schon beim täglichen Motoranlassen. Und er läuft seit Wochen wie ein Uhrwerk. Also wenn es notwendig ist ... warum nicht?!


Viele Grüße,
Daniel

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