Rallye "Histo Monte 2006"


Ort & Zeit: Französische Seealpen, 9-12.02.2006



Histo Monte - die Herausforderung


Jürgen und Siggi beeindruckten diese Worte nicht. Im Gegenteil, sie stellten sich dieser Aufgabe in ihrem schwarzen 911 2.0 S, Bj. '66 und nahmen die Herausforderung für Mensch und Maschine an. Selbst die kalte Jahreszeit konnte sie nicht von diesem Vorhaben abhalten, denn sie fuhren einen heißen Reifen ...


Die Zwei


Am Anfang war der elferclassix Infoletter
Damit fing alles an: "Suche noch Beifahrer für die AvD Histo Monte. Jürgen möchte gerne an der Histo Monte vom 9.-12.2.2006 mit seinem 911 2.0 S Coupe teilnehmen. Dazu sucht er noch einen Beifahrer. Wer dazu Lust hat, kann sich direkt bei ihm melden", sprach Franz im elferclassix infoletter Ende November.


"Histo-Monte" - mit einem frühen 66er S den Col de Turini hochheizen, das wär's - dachte ich mir. Dagegen sprach Null Rallye-Erfahrung, keine Ahnung von Gleichmäßigkeitsprüfungen, Schnitttabellen, Speedpiloten oder Tripmastern. Aber egal, irgendwann ist immer das erste Mal, warum nicht gleich in die Vollen gehen? Also, Mail an Jürgen mit der Frage, ob er noch jemanden suche. Nach einem ersten Telefongespräch und einem Kennenlern-Besuch in Zangberg war die Sache abgemacht. Die Planungen und Vorbereitungen für die Histo-Monte konnten starten.
Die sahen im Wesentlichen so aus, daß ich mir diverse Oldtimer-Markt und Motor-Klassik-Berichte, sowie das Buch "Oldtimer-Rallye" von Rolf Blaschke (Motorbuch Verlag) reingezogen habe, um von den Basics zumindest mal gehört zu haben.


Start in Bad Homburg Start in Bad Homburg Start in Bad Homburg Start in Bad Homburg Start in Bad Homburg

Die legendäre Rallye Monte-Carlo für Oldtimer
Die Rallye Monte Carlo gilt als "die Mutter" des heutigen Rallyesports. Dessen Anfänge werden allgemein auf die erste Austragung der Rallye Monte Carlo im Jahre 1911 datiert, die von Fürst Albert I. mitinitiiert wurde. Damals handelte es sich noch um eine so genannte Sternfahrt, die in der Wintersaison Touristen ins Fürstentum locken sollte.

Die Monte ist auch heute noch ein fester Bestandteil der jährlich ausgefahrenen Rallye-Weltmeisterschaft (WRC bzw. World Rally Championship), die stets im Januar mit diesem Klassiker beginnt. In den letzten Jahren wurde die Strecke allerdings drastisch verkürzt, um sie fernsehtauglicher zu machen. So wird die berühmt-berüchtigte kurvenreiche Etappe über den Col de Turini nicht mehr nachts ausgetragen. Diese so genannte "Nacht der langen Messer" war einst der Höhepunkt der Monte und für viele Fans sogar der absolute Höhepunkt einer jeden Rallye-WM-Saison.

Als ungekrönter König der Monte gilt für viele Rallyefans nach wie vor der Deutsche Walter Röhrl, der diese schwere Prüfung insgesamt viermal (1980, 1982, 1983 und 1984) auf vier verschiedenen Autos der Marken Fiat, Opel, Lancia und Audi gewinnen konnte.


Die Histo-Monte ist neben der vom Automobile Club de Monaco (ACM) veranstalteten "Rallye Monte-Carlo Historique" (dieses Jahr vom 26.1.-1.2.06) eine der großen historischen Rallyes auf den Spuren der Vergangenheit. Zuletzt 2003 als "11. AvD-Histo-Monte" vom AvD durchgeführt, wurde sie heuer von dem bisherigen Organisator Manfred Triefenbach in Eigenregie gemanagt. Die Strecke führte von Bad Homburg/Taunus über das OPEL Testzentrum Dudenhofen, den Odenwald, das Motodrom Hockenheim, die Pfalz, Bollwiller/Elsass, Ballon d'Alsace, Lac de Bougians, Archamps, Massif de la Chartreuse, Die, Sisteron, Canyon du Verdon, St. Raphael/ Cote D'Azur zum Ziel im Hafen von Monte Carlo. Mit einer Gesamtlänge von 1930 km in vier Etappen ist die Histo-Monte als tourensporliche Veranstaltung für Oldtimer organisiert, für die keine Lizenzen von Motorsportbehörden erforderlich sind.

Teilnahmeberechtigt waren Automobile bis einschließlich Baujahr 1981 bzw. in der Klasse "Youngtimer" bis Baujahr 1986 bei einer maximalen Teilnehmerzahl von 60 Fahrzeugen. Als Wertungslauf zur "Classic Masters"-Serie war die Histo-Monte die Auftaktveranstaltung für 2006.


Hockenheim Hockenheim Hockenheim Hockenheim Hockenheim

Worum geht's ?
Um die Veranstaltung einordnen zu können, war der Hinweis "Die Einhaltung der Schnittgeschwindigkeit von maximal 50 km/h wird strikt durch teilweise geheime Kontrollen überwacht und bei Überschreitung mit Strafpunkten belegt" entscheidend. Dies hieß, daß es sich um eine sog. Gleichmäßigkeits-Rallye mit geheimen Zeitkontrollen handelte.


Andere Typen sind:
Rein touristische Ausfahrten (ggf. mit sportlichem Touch), bei denen die Zeitkontrollen im wesentlichen dazu dienen, daß die Veranstaltung im zeitlichen Rahmen bleibt.


Sollzeit-Rallyes, bei denen es auf den Wertungsprüfungen auf die Einhaltung einer Gesamtzeit ankommt, jedoch ohne daß die Schnittgeschwindigkeit geprüft wird. Damit kann man im Prinzip so schnell fahren wie man möchte, um dann am Ende entweder ganz langsam zu fahren bzw. anzuhalten und zu warten, um kurz vor Ende der Sollzeit pünktlich über die Ziellinie zu rollen.


Bestzeit-Rallyes, bei denen der Schnellste auf abgesperrten WPs gewinnt. Diese Veranstaltungen sind jedoch kein Sonntags-Spaß mehr, sondern reine Rennen, für die es nicht auf Orientierung ankommt und die in der Regel eine nationale oder internationale Fahrerlizenz erfordern. Ebenso sind Sicherheitsausstattung für Fahrer, Beifahrer und Fahrzeug vorgeschrieben.


SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean

Los geht's !
Am 8.2. dann Abfahrt - Jürgen holte mich in München mit seiner schwarzen Rennsemmel ab. Platz für eine Sporttasche und eine Umhängetasche mit Karten und diversem Zubehör wie Klemmbrett, Triple-Timer, Stirnlampe, Leuchtstiften, Karten, Klebeband und diversem anderen Kleinkram war ausreichend zwischen den Querverstrebungen des Überrollkäfigs vorhanden - eben ein alltagstaugliches Auto, der Elfer!


Vorbereitet hatte er das Auto mit einer Inspektion bei seinem Kumpel Jürgen Lasner, der kurzfristig auch noch die normalerweise eingebauten Renntüten mit Fächerkrümmern durch einen zivilen Auspuff plus Wärmetauscher tauschte - immerhin war es Winter! Dann noch neue Winterreifen auf Hackmesserfelgen aufgezogen und los konnte es gehen.

Nach vier Stunden Fahrt auf schneematschigen Autobahnen, leichten Verkehrsstockungen und schnell einbrechender Dunkelheit kamen wir in der Nähe von Bad Homburg an der sogenannten Referenzstrecke an, meinem ersten Kontakt mit der Rallyewelt. Am Start den Tripmaster genullt, dann dem Roadbook entlang stellte sich bald heraus, daß der Tripmaster 1% falsch ging, also ca. 100 m auf 10 km. "Kein Problem, 1% Fehler ist schon ziemlich genau", dachten wir uns und fuhren zum Kurhaus Bad Homburg zur Technischen Abnahme. Nach einem guten Essen beim Italiener um die Ecke ging's dann in das nahegelegene Bahnhotel (Zimmer wie im Zug :-)), um am Donnerstag ausgeruht und zeitgerecht starten zu können.

Am Morgen war dann die ganze Meute aufgereiht in der Fussgängerzone, die zum Kurhaus führte. Dort gab es noch eine Fahrerbesprechung, wo Organisator Triefenbach Fehler im Roadbook ausräumte, Ermahnungen zur Einhaltung der Verkehrsregeln auch in Frankreich abgab und die Ausfahrt aus Bad Homburg erläuterte.


SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean SP zwischen Col de Pommerol und Col de St. Jean

Mit der Startnummer 22 ging's in der 22. Minute nach 10 pünktlich und unter genauer Beobachtung der Fachpresse los mit der Rallye-Praxis. Jürgens 911 S (einer der Ersten!) lief nach dem Start bei Eiseskälte und leichtem Schneematsch etwas unwillig - wie sich nachher rausstellte aufgrund vereister (offener) Ansaugtrichter, was sich aber nach ein paar Kilometern legte und Jürgen so richtig drauftreten konnte. Das infernalische Kreischen des Sechszylinders ab ca. 5000 U/min (da wo mein 911 T so langsam aufhört zu drehen) führte dann regelmäßig zu sattem Druck des eigenen Körpers in die kopfstützenfreien Recaros und gehörigem Muskelkater im Nackenbereich.


Aber nun zu den ersten Erfahrungen als Beifahrer: Chinesenzeichen bei Erreichen des Orientierungspunktes durchstreichen, Tripmaster nullen, nächsten Chinesen laut und klar ansagen, und so weiter. Gleich mal ausprobieren: "Also Jürgen, ich muß mich jetzt mal zurechtfinden hier, ich glaub da vorne geht's irgendwie und irgendwann rechts, äh muß ich hier was auf Null stellen? Oh da hätten wir doch abbiegen müssen, was meinst Du?". Parallel zum Roadbook versuchte ich dann, auf der mitgekauften Kartenkopie im Buchformat A3 die Angaben im Roadbook zu überprüfen. Daraufhin gab's offensichtlichen Unmut hinter dem Lenkrad und zwei klare Ansagen vom Fahrer:

"Erstens: Ich bin nur der Fahrer, Du bist der Chef im Auto und sagst mir wo's lang geht und zwar zum Beispiel so: 300 m T links oder 200 m T rechts oder 250 m Stopp rechts und so weiter. Keine Fragen, keine Vermutungen, nur klare und eindeutige Anweisungen! Außerdem laut und deutlich, kannst mich gerne anschreien wenn's sein muß.
Zweitens: die Karte schmeißt du so weit weg wie's geht, gefahren wird nur nach Roadbook, verstanden ?".

"Verstanden!" Ansage angekommen - und weiter geht's.


Col de Turini Col de Turini Col de Turini Col de Turini Col de Turini
SP bei Ballon d'Alsace SP bei Ballon d'Alsace SP bei Ballon d'Alsace SP bei Ballon d'Alsace Lac de Vouglans

Die Sache etwas komplizierter machte die Tatsache, daß die Entfernung auf dem Tripmaster nicht immer ganz genau mit dem Roadbook übereinstimmte, einmal - so erklärt mir Jürgen - wegen des 1%igen Meßfehlers und dann natürlich auch weil der Herr Triefenbach die Kurven vielleicht ein wenig anders ausgefahren ist, als er das Roadbook erstellt hat. Und nach 5 km passiert's dann zum ersten Mal: der Tripmaster zeigt ungefähr die richtige Entfernung, da ist auch eine Ampel, also rechts ab. Nach der Ortsdurchfahrt paßt dann aber nix mehr, also wieder zurück zur letzten Kreuzung. Dort zeigt sich dann, daß es 200 m später eine weitere - die richtige - Ampel gab, so lernt man..

Die erste Gleichmäßigkeitsprüfung auf dem Opel-Testzentrum in Dudenhofen war dann neben der reinen Orientierungsfahrt bis dorthin dann auch die erste größere Herausforderung für die Kunst des Beifahrens: gleichzeitig den Weg anhand der Chinesenzeichen und des Tripmasters zu finden und parallel dazu noch - ebenfalls mit Hilfe von Tripmaster, aber auch einer mechanischen Stoppuhr und einer Schnitttabelle - die Durchschnittsgeschwindigkeit durch Ansagen an den Fahrer wie "eine Sekunde zu schnell oder zwei Sekunden zu langsam" zu steuern.



Chinesenzeichen Nach den ersten Abzweigungen, diversen Hügelchen und Kurven auf dem Testgelände bekam ich während der hochkomplexen Aufgabe dann noch eine Reihe interessanter Hinweise von Jürgen, wie man noch genauer den Schnitt halten kann: nicht nur alle 500 m eine Ansage machen, ob zu schnell oder zu langsam, sondern bereits alle 100 oder 200 m. Beim Versuch dies umzusetzen (also alle ca. 10 Sekunden Tripmaster mit Stoppuhr und Schnitttabelle vergleichen und parallel dazu Roadbook mit Tripmaster vergleichen) ging's natürlich schief - Abfahrt verpaßt! Und das mitten in der Steilkurve der Teststrecke. Erstmal leichte Panik, dann setzt Jürgen zurück. Ich stelle schlauerweise den Tripmaster auf Rückwärtsfahrt (davon hatte ich was gelesen) und wir sausen ein paar hundert Meter mit dem Heck voran durch die Steilkurve. Das Umstellen des Tripmasters hätte man allerdings nur tun sollen, wenn man gewendet hat. Nun stimmte auch die Entfernung nicht mehr, sodaß wir gar nicht mehr wußten, wo's langgeht. Also wieder zurück zum letzten Kreisel, dort aber wieder falsch abgefahren und wir standen plötzlich inmitten von Opelfahrzeugen, die nicht davon begeistert waren, daß wir um die Ecke schoßen. Naja, kurz gesagt, diese WP war gelaufen, was aber letztendlich den Vorteil hatte, daß danach der Leistungsdruck auf's Podium zu fahren dem Spaß wich und wir uns von WP zu WP stetig verbesserten - es ging ja um nichts mehr.

Zwischendrin haben wir dann auch noch das Problem mit dem nicht kalibrierten Tripmaster durch Umrechnen der Schnitttabellen gelöst, anfangs natürlich falsch gerechnet und damit doppelt falsch, dann aber um so richtiger. Die letzten WPs konnten wir dann mit im Schnitt nur 3-4 Sekunden Fehlzeit abschließen - und das mit ab und zu hängendem Tripmaster, Abnehmern an der auf den Schneepassagen immer wieder durchdrehenden Hinterachse, ohne Schnittcomputer oder andere moderne Helferchen.

Ansonsten bot die Fahrt viele tolle Eindrücke und teilweise aufregende Abwechslungen, die den Rahmen hier sprengen würden und die ich mir für die Stammtische am Dienstag aufhebe. Da lasse ich hier doch lieber die Bilder sprechen. Gelernt habe ich einiges vom Rallyefahren, z. B. daß man das kurveninnere Rad beim Driften auf schmalen, schneebedeckten Serpentinen im Straßengraben "einhängt", damit das Heck nicht so weit weg kann ...


Col de Madonne und Col de Braus Col de Madonne und Col de Braus Col de Madonne und Col de Braus Col de Madonne und Col de Braus Col de Madonne und Col de Braus
Monaco Monaco Monaco Monaco Monaco

Am Ende hat es dann zu Platz 28 von 47 angekommenen bzw. 60 gestarteten Rallyeteams gereicht, wobei die Etappenfehlzeiten von 11:42.02 (1. Etappe), 3:13.33 (2. Etappe), 0:40.38 (3. Etappe) und 0:35.94 (4. Etappe) eine klare Tendenz Richtung Podium aufweisen ;-) .

Die Siegerehrung haben wir damit auf das nächste Mal verschoben, auch damit wir nach der Zielankunft am Sonntag Abend noch im gestreckten Porschegalopp nach München heizen konnten, um schließlich gegen 2 Uhr morgens anzukommen.

Insgesamt ein tolles Erlebnis, ein äußerst zuverlässiges Auto (über 3.000 km in 4 Tagen ohne Panne) und ein super Fahrer, der seine jahrelange Rallyeerfahrung mit teuflischem Grinsen im Gesicht voll ausspielen konnte. Die nächste Rallye kommt bestimmt, vielleicht dann in meinem frisch konservierten T Targa (siehe Bericht Trockeneisstrahlen und dem demnächst folgenden Abschlußbericht).


Helden

Gute Fahrt wünschen euch,
Jürgen und Siggi

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