Porsche Classic-Cars-Training Nürburgring Nordschleife 2014


Ort & Zeit: Nürburgring Nordschleife, Juli 2014



Pack die Unterhose ein - Urelfer im Regen auf der Nordschleife.

Sommer 2014. Soviel Regen war nie. Darum haben Jörg, Peter und ich eine Wetterkerze angezündet, damit es beim Porsche-Classic-Training am Nürburgring trocken bleibt.

Porsche Classic-Cars-Training Nürburgring Nordschleife 2014



Classic heißt bei Porsche alles Luftgekühlte. Also PS-starke Konkurrenz für unsere drei RS Replika-Grazien. Zweimal gulfblau, einmal signalgelb. Das gibt ne Menge hochgereckte Daumen auf der Autobahn, als wir an einem sonnigen heißen Sonntag im Juli 6 Stunden lang in unseren Rappelkisten sitzen... Ich vergesse jedes Mal, wie weit das von München in die Eifel ist.



Vorfreude ist die schönste Freude Natürlich sind wir top-vorbereitet und hoch motiviert dank YouTube-Nordschleifen-Training, die Crash-Videos haben wir uns sicherheitshalber nicht angeschaut. Weil nach 600 km Autobahn das Öl schon bisschen warmgefahren ist, biegen wir gleich auf die Nordschleife ein und stürzen uns ins Getümmel der Touristenfahrt.




Nürburgringwetter Und sind erst mal beeindruckt, von den vielen tiefen Eifel-Golfs und Nissans und Subarus, die uns jetzt um die Ohren pfeifen. Fairerweise sei gesagt, dass ich schon ein bisschen, Jörg und Peter aber noch gar keine Nordschleifenerfahrung hatten. Er-Fahrung eben, bekommt man ja auf der Strecke. Die werden uns morgen dann schon sagen, wo es wirklich lang geht. Die Strecke ist heiß und trocken, die Reifen quietschen, der Schweiß rinnt. Nach vier Runden (á 22 km) lassen wirs gut sein, wir haben ja morgen noch einen ganzen Tag. Stilsicher nehmen wir eine Rennfahrermahlzeit in der Pistenklause und schlendern dann vergnügt ins Hotel. Es nieselt ein wenig...


Die Herren Stuck und Bell Am nächsten Morgen: Es regnet. Im Fahrerbriefing wird zur Vorsicht gemahnt, von den Herren Stuck und Bell, die hier vor 30 Jahren im Porsche 962 Fabelzeiten gefahren sind und dank schneller Schutzengel überlebt haben. Dann noch kurz Sitzeinstellung, Flaggenkunde, Kammscher Kreis (google das mal, wer den nicht kennt). Und dann mit 45 anderen Luftis ab auf die Strecke.



Teilnehmerfeld Wir haben ja die tollen Ur-RS, also quasi fast Rennwagen. Und deshalb haben die Herren von der Porsche-Rennleitung uns in die schnellere Gruppe gesteckt, mit 964 RS und 993 RS. Ich hab Respekt. Also Helm auf und sich nichts anmerken lassen. Lars, der nette Instruktor aus Norwegen, führt im 991 unsere 8er-Gruppe an, sagt per Funk die Streckenabschnitte und die jeweilige Ideallinie an. Das heißt, eigentlich sind wir auf Schleichfahrt. Die Strecke ist nass, die Reifen kalt. Es regnet, heftig. An manchen Stellen kommt noch Nebel dazu. Willkommen in der grünen Hölle, denk ich gerade. Da passieren wir einen schicken 930 Turbo, der leider irgendwie aufs Gras gekommen ist. Jedenfalls ist er nur noch auf der linken Seite turbobreit.



Erste Runden Noch drei langsame Runden. Aber man ahnt schon, dass ein bisschen schneller gleich zu schnell ist, es fährt sich wie auf Eiern. Blöderweise hat die Nordschleife fast keine Auslaufzonen. Nach ein paar Metern Gras kommt gleich die Leitplanke. Wusstet Ihr, dass man die auch noch bezahlen muss, wenn man da mit seinem Auto eine Beule rein macht? Leider testen unsere Mitstreiter die Banden recht intensiv. Es vergeht keine Runde, in der nicht wieder ein Porsche am Streckenrand steht, teils leicht angeschlagen, teils richtig zerstört. Oh Mann, was machen wir hier nur? Denkt sich jetzt auch der Veranstalter und unterbricht die Übung. Vorgezogene Mittagspause.



928 Neben uns sitzt eine Frau, die gerade ihren Erste-Hand-928 in der Eiskurve verloren hat. Also das Auto ist schon noch da, fährt aber nicht mehr. Daneben der dauergutgelaunte Strietzel Stuck, der zum absoluten Respekt vor dieser „schwierigsten Rennstrecke der Welt“ mahnt. Dass er unbedingt Recht hat, sehen wir, als der Regen nachlässt.




Fahrertraining Es ist immer noch alles nass. Die Reifen sind wieder ganz kalt. Manche 8er Gruppen sind schon jetzt nur noch zu viert. Übersteuern heißt das, wenn man nach der Kurve Gas gibt, und das Heck bricht aus. Untersteuern ist, wenn man vor der Kurve bremst, aber das Auto rutscht geradeaus. Beides gibt es reichlich zu sehen. Peter erlebt leider ersteres an der Ex-Mühle, beim leichten Beschleunigen dreht sich das Auto und touchiert die Leitplanke. Peter und Leitplanke heil, Auto mit Beule. Da waren´s nur noch zwei Elferclassix.



Markus und Jörg on track Ironie das Schicksals. Der Regen hört auf. Von Runde zu Runde wird es trockener. Aber um nochmal Strietzel zu zitieren: „Die Nordschleife is a Hund“. Es gibt nämlich gleich nach den jetzt trockenen griffigen Stellen richtig glitschige nasse. Der Instruktor fährt etwas schneller, die 964er ziehen mit. Scheinbar hat sich zwischen ´69 und ´89 doch einiges getan in Sachen Fahrwerkstechnik. Jörg und ich bleiben dran, fahren hingehauchte runde Kurven, streicheln die Bremse höchstens... Und dann passiert es doch, aus dem Nichts.



Markus Ich freu mich gerade, dass ich die Ausfahrt Brünnchen so gut erwischt hab (es gibt einen eigenen YouTube Channel nur mit Unfällen von dort). Lenke sanft durch die Eiskurve nach oben. Plötzlich bricht das Heck aus. Das Auto steuert nach rechts auf die Leitplanke zu. Nein, nicht in die, denk ich und drehe heftig am Lenkrad. Das Auto schwenkt um, steuert jetzt auf die linke Leitplanke zu. Lenkrad nochmal rumreißen. Oje, nicht rechts einschlagen. Gegenlenken. Oje, nicht links, denk ich, während ich hin und her-schlingere.



Peter on track Wusstet Ihr, dass Reifen auch auf nasser Straße quietschen können? Was einem in zwei Sekunden so durch den Kopf schießt. Mir zum Beispiel, dass wir drei, wenn ich jetzt auch kein Auto mehr hab, einen Platz zu wenig zum Heimfahren haben... Da weiten sich die Leitplanken, man sieht hinab zum Pflanzgarten. Mein Auto rollt wieder geradeaus. Ich winke verlegen meinem Hintermann zu. Als wir auf der Döttinger Höhe gleich darauf Pause machen, schüttelt der mir ob meiner Showeinlage respektvoll die Hand und meint lapidar: „Wenn Du ne frische Unterhose brauchst, ich hab eine dabei.“



Ich hatte die Kamera an und meine Schlitterpartie aufgenommen (auf den Link oder das Bild links klicken) Das Video hab ich mir seitdem zigmal angesehen und kann noch immer nicht sagen, woran es lag. Ich war nicht besonders schnell, hab weder merklich beschleunigt noch stark gelenkt. Aber vielleicht ist das Auto auf der Kuppe so leicht, dass schon eine Bodenwelle reicht um den Kammschen Kreis zu verlassen.




Jörg on track Wieder was gelernt. Nämlich dass ein alter Porsche im Regen eben kein Schienenfahrzeug ist. Eher ein Leitplankenfahrzeug. Von den 45 Startern waren bei Trainingsende noch 32 übrig. Bitter.




Cup 964 Wir haben den Schreck dann mit kühlem Bier in der Pistenklause vertrieben, vorher vor dem Hotel aber noch ein Foto vor dem originalen Cup-964er von Walter Röhrl gemacht. Das hat einem bekannten deutschen Schauspieler wohl etwas zu lange gedauert. Nach genervtem Gehupe steigt er aus seinem SUV und stapft in die Lobby zur seiner VIPAnmeldung. Morgen ist Mercedes-AMG Fahrertraining...



Nürburgring im Nebel Epilog:
Ich glaub, das kann AMG vergessen. Als wir am nächsten Morgen aus dem Hotelfenster schauen, kann man durch den Nebel vielleicht 10 Meter weit sehen. Wir dachten, wir hätten Pech mit dem Wetter gehabt, aber die Eifel kann noch ganz anders. Naja, der AMG Schnösel kann sich ja dann unsere YouTube Videos ansehen. Selbstredend war unsere Heimfahrt sonnig und trocken. Nächstes Jahr kommen wir wieder. Vielleicht war ja nur die Wetterkerze zu klein.


Grüße aus der grünen Hölle,
Markus

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