Restauration 911 2.2 T, Targa, Bj. '70




Die kleine Rostbeule


Leander liebt die Ausfahrten in seinem Porsche. Doch eine kleine Rostbeule am linken, vorderen Kotflügel trübt seinen Blick. Der ständige Anblick dieses Störenfrieds nervt Leander irgendwann und er beschließt dessen Beseitigung. Aber wenn der Kotflügel schon neu lackiert werden muß, dann gleich die ganze Karosse und die Innenausstattung war eh auch schon nicht mehr die Beste und der Motor ... und das Getriebe eigentlich auch - kurzum, es wurde eine Totalrestaurierung. Manch einer von euch kennt das ja aus eigener Erfahrung. Man fängt klein an und dann ... Daß sich Leander's Porsche 911 T, Targa, Bj. '70 nach der Restauration jedoch gleich zum Star eines Photoshootings inclusive Fernsehstar entwickelt, war nicht abzusehen. Und so kann's gehen ...



Anfang


Nachdem ich den Porsche vor einigen Jahren erworben und die Ausfahrten genoßen habe, störte mich doch die kleine Rostbeule am vorderen, linken Kotflügel. Der Porsche war orange und die Farbe gefiel mir sehr gut. Um den Rostansatz auszubessern, sollte man den ganzen Kotflügel lackieren. Aber den Lack zur Peripherie bekomme ich ohne Lackunterschiede nie wieder so hin. Daraufhin habe ich mich entschlossen, die ganze Karosse lackieren zu lassen. Wenn schon, dann vom Besten in der Gegend Ingolstadt (Fa. Neufeld in Manching). Und wenn ich die ganzen Mühen auf mich nehme und das Fahrzeug abmontiere, dann auch komplett - also mit Scheiben usw. Der Motor ? - ja, der muß auch raus, incl. Getriebe. Hab' ich mir da zu viel vorgenommen ?



Auf geht's


Im Herbst 2007 begann ich in einer angemieteten Halle meinen alten Porsche zu zerlegen:


Als erstes kam die Innenausstattung raus. Dabei fiel auf, daß die alten Tür- und Seitenverkleidungen nicht so schön und ausserdem große Lautsprecher montiert waren. Das mußte sich ändern. Sitze raus, die waren auch nicht original, also auch Neue? Na klar. Teppich raus incl. Pedalerie. Die Pedalerie zerlegte ich zu Hause und erwarb neue Buchsen. Somit war der Zusammenbau (nach der Lackierung der Einzelteile) und "Wie helfe ich mir Selbst-Anleitung" wieder problemlos. Ich hatte alles vorher fotografiert, da ich beim Kapitel Auto oder KFZ ein Anfänger bin. GottseiDank hatte ich immer gute Ratgeber und Helfer.


Als nächstes war der Ausbau von Zierteilen dran. Es gab Teppichleisten, Einstiegsleisten, Seitenleisten mit Gummi, Radhausverkleidungen, Zierleisten, usw.


Jetzt kamen die größeren Herausforderungen: Elektrik ausbauen, gut merken und wiederum alles photografieren. Dann die Schalttafel, nachdem die Armaturen alle photografiert und bezettelt waren. Die Schalter und das Radio, das Handschuhfach und die Querstrebe waren problemlos zu demontieren. Dann kam die Schalttafel raus. Die war in gutem Zustand. Aber da ich mir über Weihnachten vorgenommen hatte, meine Tür- und Seitenverkleidungen incl. den Garnierleisten und der Hutablage neu zu nähen und zu überziehen, mußte zum Gesamtbild auch eine neue Schalttafel incl. neuer Belederung her. Alles in schwarzem Kunstleder. Ich fand auch einen Spezialisten (mit gutem Ruf und Empfehlungen, jedoch sehr ausgebucht), der die Schalttafel neu überzog. Leider mußte ich viermal nachfragen bis was vorwärts ging. Er hatte sogar das Lautsprechergitter neu mit gleichem Leder überzogen. Dafür wurde extra ein PC-Programm geschrieben und jedes einzelne Loch ausgefräst. Sieht einfach super aus!



Bei der Auswahl der Handwerker hatte ich meist einen guten Tipp oder auch Glück.


Was war denn noch so im Innenraum? Sitze, Verkleidungen, Teppich, Schalttafel, Pedalerie - alles war demontiert. Ach ja, die Türen: Ich habe nach der Demontage der Türverkleidungen auch die kompletten Innereien ausgebaut. War ziemlich einfach. Die Armlehnen wurden bei dieser Gelegenheit auch von einem sehr guten Sattler neu mit Leder überzogen!


Anschließend machte ich mich an die Außenhaut. Stoßfänger weg bauen, vorn und hinten, Lampen und Blinker raus. Hupe ausbauen. Schriftzüge, Scheibenwischer vorn und hinten, Ziergitter von der Motorhaube, Antenne, Türgriffe, Waschdüsen und weitere Kleinigkeiten.


Die Demontage des Targabügels war nicht so einfach, da auch Schrauben abrissen. Die Scheibenzierleisten mussten nach der Demontage der Scheiben erst vom Gummi gelöst werden, da sie aus Aluminium sind und sehr, sehr empfindlich und teuer. Das hab ich aus dem Internet von Kollegen mit ähnlichen Problemen entnommen.


Parallel zum Ausbau war ich immer auf der Suche nach günstigen Einzelteilen. Ich kaufte über den Winter alles neu nach: Alle Gummis für Türen, Scheiben, Targadach, Scheibenwischer, Scheinwerfer, und, und, und ...


Langsam ging es auch ins Geld. Vor allem beim Motor, aber die Geschichte kommt noch. Erst mal war das Auto jetzt nackt. Und die Einzelteile konnten zerlegt werden:


Die Kofferraumhaube, nachdem ich die Gasdruckdämpfer ausbaute. Die bekomme ich übrigens jetzt zum dritten Mal neu, da die zweiten, verstärkten auch nicht halten. Ich hab mich direkt an den Hersteller der Dämpfer gewandt und mir extra welche anfertigen lassen - über 400 Nm!! Kofferraumverkleidung raus, Batterie raus, Tankstutzen und was sonst noch so an Kleinigkeiten im Vorderwagen war. Die dabei entdeckte Standheizung hab ich nicht angerührt. Die will ich im Frühjahr 2009 anpacken. Sie soll funktionieren, auch wenn ich sie nie brauchen werde, da das Fahrzeug nur im Sommer bewegt wird. Letztes Jahr waren es immerhin 500 km. Jetzt wurden noch die Türen incl. Scharnieren und Fanghaken demontiert, die Kotflügel und natürlich auch der Tankdeckel. Ebenso der Motordeckel, nachdem ich den Scheibenwischermotor ausgebaut hatte. Jetzt war er für den Lackierer fast fertig.


Ich entschloß mich bei dieser Gewaltaktion auch den Motor und das Getriebe überholen zu lassen. Für den Motor bekam ich einen Tipp von einem Bekannten und das Getriebe wurde von einem Arbeitskollegen (Getriebespezialist) überholt. Getriebe kostete mich ca. 800 Euro, incl. Einzelteile im Wert von ca. 450 Euro.


Für den Motor verlies ich mich auf die Empfehlung eines Bekannten. Ich brachte das Auto in eine Werkstatt im Industriepark eines Nachbarortes. Wir vereinbarten den Aus- und Einbau inclusive Überholung des Motors. Ich hatte vorher schon Angebote in Höhe von 5000 bis 10000 Euro bekommen.


Nach einer Woche holte ich das Auto (oder das, was noch übrig war) ab und brachte die Karosse zum Lackierer. Ich handelte einen Spezialpreis für komplett Abschleifen und Neulackierung aus. Es konnte zwar Wochen dauern, aber das machte mir nichts aus.


Ich hatte genügend Arbeit mit dem Kauf von Einzelteilen, dem Nähen der Verkleidungen und anderen diversen Vorbereitungen. Alle möglichen Teile (Fanghaken, Scheiben für Keilriemen, Schloß, Schrauben usw.) lies ich neu gelb chromatieren. Der Öltank wurde in rot lackiert. Ich machte mir farbige DIN A4-Ausdrucke aller Photos und klebte die Wände der Werkstatt damit voll.


Vielleicht zwei Wochen später rief ich bezüglich des Motors in der Werkstatt an und er sagte mir, daß er den Motor nicht komplett zerlegen würde, da er ja gut lief und es dann nur schlechter werden könnte. Er machte die Deckeldichtungen, die Antriebswellen (bei der Gelegenheit), die Heizungsteile und sonstige Kleinigkeiten. Ich fuhr vorbei und er teilte mir mit, daß er schon mal etwas Geld wollte. Er meinte, er hätte nun ca. 1900 Euro ausgegeben! 300 Euro Teile und den Rest für Lohn. Er hat immerhin eine ordentliche Werkstatt und müßte 65 Euro Stundenlohn verlangen. Das war leider zu viel für meinen Geldbeutel und das hat er mir angesehen. Daraufhin meinte er, er wollte auch den Motor nicht wieder komplettieren. Ich war sauer, mußte nochmal 500 Euro nachzahlen und packte alles ein. Mit Wolfgang (Nachbar, Freund, Kfz-Mechaniker, Arbeitskollege und elferclassix-Mitglied) gelang es mir dann, den Motor wieder komplett aufzurüsten, nachdem wir stundenlang Einzelteile suchten und die dazugehörigen Verbauorte.


Inzwischen rief der Lackierer an und bat mich vorbeizukommen. Vor Ort sah ich dann, daß das Fahrzeug schon einige Lackierungen drauf hatte. Von gelb, dunkelblau, rot, weiß bis orange. Wir vereinbarten (für 200 Euro mehr) daß die Karosse komplett abgeschliffen wurde. Ich besorgte sogar noch zwei original Kotflügel, weil die Alten schon mehr Rost hatten als erwartet.



Ich nutzte die Zeit beim Lackierer und zerlegte die ganze Elektrik im Motorraum, damit dort auch alles super auslackiert werden konnte. Die Lackierung dauerte schließlich einige Wochen. Ich entschied mich auch, nach Rücksprache bei Porsche, für die Originalfarbe: bahiarot! Nach Fertigstellung der Lackierung war ich absolut glücklich und die Farbwahl hat sich gelohnt.


In der Zwischenzeit kam das Getriebe und für den Zusammenbau kaufte ich noch eine neue Kupplung, sowie einige neue Motorteile (Lüftergehäuse in Alu und Lüfterrad in rot pulverisiert). Natürlich wurden auch die Motoraussenbleche schwarz oder alufarben lackiert und alle sichtbaren Teile aufs Äußerste geputzt. Neues Öl, neue Zündkerzen, Luft- und Ölfilter waren Pflicht. Wolfgang und ich fügten beides zusammen. Anschließend bauten wir alles, incl. Auspuff ins Auto ... aaahhh die Hochzeit! Antriebswellen neu gefettet und eingebaut und es entstand das erste "Zusammenbaugefühl" !



Zusammenbau


Die größte Investition waren die Arbeitsstunden. Einiges ging leicht:
Türmontage und -verkleidungen, Teppich, Seitenverkleidungen, Garnierleisten, Armlehnen, Fensterheber, Türschloß, Blinker, Scheibenwischer und -motor vorn und hinten, Lichter, Hupe, Pedalerie erneuert, Motorraumverkabelung und -elektrik komplett (natürlich auch gereinigt und lackiert), neue Heizungsschläuche und neue Luftansaugschläuche, Ölfilter, Luftfilter, Kofferrauminnereien, wie Tankstutzen, Betätigung für Heckdeckel und Fronthaube, Schloß für Motorraumdeckel, Gasdruckfedern, Waschbehälter, Batterien, Heizungsanlage, Verkleidungen (neu) usw. Zierleisten für Radhäuser, Seitenleisten, Teppichleisten, Einstiegsleisten, Motorraumgitter, Kotflügel, Tankklappe, Schalttafel, Mittelkonsole, B-Säulenverkleidung neu, Sitze (inzwischen auch gut gebraucht ersteigert), Targaverkleidung innen, Lichter im Innenraum, Handschuhkasten, usw ...



Einiges erforderte mehr Wissen und wurde immer unter Mithilfe von Bekannten (meist Wolfgang) gemacht: Heckscheibe einbauen (dreimal), die dazugehörigen Zierleisten, Windschutzscheibe, Getriebe, Kupplung und Motor wie beschrieben, Targabügel aussen, Heckscheibenzierleisten aussen, Zusammenbau und Einbau des Motors incl. Lichtmaschine, Zündspule, Zündkabel, Verteiler, Vergaserbetätigung, Schloß für Motorhaube incl. Einstellung (war bei mir eine mittlere Katastrophe).


Die Episoden "Inbetriebnahme des Motors" mit den Themen Elektrik und Lichtmaschine möchte ich hier nicht beschreiben. Es würde erstens zu lange dauern, zweitens möchte ich niemand demotivieren.



Abrechnung


Und jetzt noch eine kleine Auflistung meiner Aufwände:
- Lackierung
- Getriebeüberholung
- Motorüberholung (teilweise Werkstatt/privat)
- Kotflügel
- Kupplung
- Bremsen
- Reifen/Felgen
- Hardtop
- Gummis, Zierleisten, Kleinteile, Arbeit fürs Beledern etc.
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- Gesamtkosten
- plus Arbeitsstunden (privat)
ca.   4500.- €
ca.     800.- €
ca.   2400.- €
ca.   1600.- €
ca.     600.- €
ca.     700.- €
ca.   3000.- €
ca.     300.- €
ca.   2500.- €
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ca. 16400.- €
ca.     500    h



Zu guter Letzt


Alles in allem war es eine tolle Erfahrung und ich bin jetzt in engerer Verbindung mit meinem Porsche. Inzwischen fällt er immer mehr auf und ich werde oft angesprochen. Es wurden auch zwei Videoclips von oder mit dem Fahrzeug gedreht. Auch im Web ist er zu finden. Es hat sich also gelohnt !!


Vorher
Vorher
Nachher
Nachher



Weitere Schritte


Diesen Winter ist die Vorderachse und weitere Kleinigkeiten dran. Die Vorderachse habe ich inzwischen komplett zerlegt, gesäubert und neu lackiert. Die Radhäuser wurden nochmal neu auslackiert inclusive Federbeine. Ich montierte neue Kunststoffbuchsen für die Vorderachsaufhängung damit er härter wird und einen neu aufbereiteten und lackierten Stabilisator. Derzeit warte ich auf ein gutes Angebot von neuen Bremssätteln und -backen. Die Bremsscheiben habe ich bereits neu gekauft. Diesen Winter kommt auch ein neuer Teppich rein. Offene Vergaser hab ich gestern fertiggestellt. Die müssen nur noch montiert werden. Die Pedalerie hab ich auch nochmal optimiert. Die Uhr wurde von meinem Uhrmacher überholt, der sich dabei köstlich amüsierte! Neue Fuchsfelgen warten ebenfalls auf Fertigstellung. Die Felgen sind absolut neu und lackierfertig. Jedoch will ich keinen schwarzen Stern, sondern die Felgen innen polieren. Auch hier warten bereits die neuen Reifen auf die Montage!


Viele Boxergrüße,
Leander

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